Verkehrserziehung, Kamillenwiese

Auf der Gegengfahrbahn steht ein Auto neben einer zu kleinen Parklücke, das heißt, es steht nicht ganz, sondern nur beinahe; der Fahrer rangiert zentimeterweise ein wenig herum, er weiß offenbar nicht, wo er hinsoll, und hat folgerichtig auch keinen Blinker gesetzt.
Hinter ihm halten sich drei Fahrradfahrer, schon halb im Stehen, schlenkernd und schwankend auf ihren Rädern, sie wissen ja auch nicht, wo der Mann im Auto hinwill und wo sie also hinsollen, schert er gleich doch wieder aus? Oder schlägt ein? Fährt er weiter oder zurück? Man weiß es nicht. Schließlich überholen sie halt, egal, der Reihe nach los und vorbei.
Dabei der erste von ihnen ins offene Fahrerfenster: „Was machst denn?!“
Nach ihm ein kräftiger Mann im Regencape, mit auch sehr kräftiger Stimme: „Was ist das denn für eine Scheiße!!! hier!“
Hinter ihm eine ältere Frau mit Einkaufskorb am Lenker, nicht zum Autofahrer, sondern zum Mann im Regencape: „Na, na, na …“

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Einen Tag, ein paar Meter und noch mal sehr viel Regen weiter verdient die Theresienwiese derweil ihren Namen. Weil gerade keine überbewertete Festivität Platz und Luft wegnimmt, kann man mit dem Fahrrad drüber- und rundrumfahren und es riecht überwältigend nach Kamille. Und auch wenns drumherum halt immer noch München ist, wo die Kamille eine solche Fläche (groß! zentral! beste Lage!) auch nur höchstens mal zeitweise übernehmen darf, quasi als Zwischennutzung, wie eigentlich alles, was hier überraschend, schön, graswurzelig und am Ende sogar noch gratis ist, aber wir wollen ja nicht schon wieder meckern, sondern stellen fest: Auch wenns drumherum also immer noch München ist, so ein Riesenfeld Kamille an einem warmen Tag riecht wirklich sehr, sehr gut, und so gerochen ist das schon ein bisschen wie Urlaub, und das war eigentlich der Punkt.